Der Drache hebt seinen Kopf 龙抬头

Mit dem Frühling kommt neues Wachstum. Wasser, Licht und Wärme bringen die Samen zum Keimen. Der Wind verteilt die Pollen und ermöglicht die Befruchtung.

Neue Blätter spriessen und neue Äste werden gebildet, saftig grün und weich.

Der Frühling beginnt Mitte Februar und endet Ende Mai, die Spitze des Frühlings ist am 21. März (Tagundnachtgleiche). Der eigentliche Zündfunke liegt Mitten im Winter, um den 21. Dezember, wenn wir in der dunkelsten Zeit im Jahr an Weihnachten, die Wiedergeburt des Lichtes feiern (Tannenbaum mit Lichtern). Noch im Dunklen und Verborgenen beginnt der Samen des Frühlings schon zu keimen, wie ein Kind das im Dunkeln der Gebärmutter heranwächst.

 

Die Frühlingszeit ist der Ausdruck von Entfaltung, Wachstum, Erwachen, Neubeginn und Freisetzung der Lebenskraft. In der Chinesischen Medizin wird der Frühling mit der Wandlungsphase Holz beschrieben. Ein schönes Symbol ist der Bambus, er strebt, unbeirrt von Hindernissen, kerzengerade zur Sonne - ist aber flexible und biegsam. Auch im Körper widerspiegelt sich diese Bewegung, denn wir sind untrennbar mit der Natur verbunden und ein kleines Abbild des grossen Kosmos.

Die Bäume sind im Makrokosmos die Säftespeicher, im Mikrokosmos ist es die Leber. Sie speichert Blut und andere Körpersäfte. Die Leber ist nicht nur ein Speicherorgan sondern auch  Alchimistin - sie wandelt tausende von verschiedenen Stoffen um, um das Gleichgewicht des Stoffwechsels und freie ungehinderte “Fliessen”  der Lebensenergie aufrecht zu halten.

 

In der chinesischen Medizin übernimmt die Leber (und auch die anderen Organe) nicht nur körperliche Aufgaben, sie ist mehr als einen Wesensanteil oder eine Qualität, zu verstehen. Der Holz/Leber/Frühlings-Anteil in uns gibt uns die Möglichkeit Visionen zu haben, Pläne zu schmieden, er verleiht uns Charme und Natürlichkeit, es ist der Drang nach Kreativität, Wachstum, Fortpflanzung, Entfaltung und kommt zum Ausdruck in sexueller Erregung, in einem befreienden Lachen, im Orgasmus, in der Erfüllung einer Ambition, in Wut und Aggression, in der Geburt eines Kindes, im Menstruationszyklus...

 

Aggression wird meistens mit einer negativen, zerstörerischen Aktivität in Verbindung gebracht. Doch ist Aggression nicht zwangsläufig mit Negativität gepaart, sondern nur wenn gewisse Schranken überschritten werden. Es ist zu bedenken, dass Aggression, im ursprünglichen, positiven Sinne verstanden, Hindernisse beseitigt, um eine neue Aktivität entfalten zu können (lat. aggredere = etwas angehen). Sie entfernt das Alte, Verbrauchte, Kraftlose, Überfällige und schafft dadurch Raum für Neues.

 

Wird dieser Anteil von Selbstausdruck in uns unterdrückt oder behindert, entsteht ein Stau - früher nanntes es die Chinesen auch “brodelnde” Leber. Dieser Stau kann zu Wut, Gereiztheit, Migräne, Ohrgeräuschen, PMS, Blähungen, Verstopfungen, Übelkeit, verspannten Muskeln, Selbstzweifeln und depressiven Verstimmungen  führen. Alkohol, Tabak und Kaffee können dabei noch verstärkend wirken.

     

Auf körperlicher und mentaler Ebene sollten wir flexibel und anpassungsfähig bleiben. Das Element Holz (der frühlingshafte Anteil in uns) hilft uns dabei. Im Körper wandelt die Leber ständig chemische Substanzen um und erneuert uns ständig.  Diese Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit bezieht sich auch auf Ideen, Wertvorstellungen und Anschauungen.

 

Vorstellungen müssen an der Lebenserfahrung überprüft und - wenn erforderlich - angepasst oder korrigiert werden. Doch bereitet kein anderer Prozess auf der seelischgeistigen Ebene soviel Mühe wie die Änderung von einmal gebildeten Werten und Anschauungen. 

 

Zwar weichen Vorstellung und Realität aufgrund der Unvollkommenheit des Bewusstseins immer mehr oder weniger voneinander ab, wird jedoch ein bestimmtes Mass der Abweichung überschritten, so führt dies zu Ärger oder Bitterkeit. Damit ist in der Regel auch eine Störung der Leberfunktion und des Gallenflusses verbunden.