Himmel und Erde vermischen sich

„Die drei Sommermonate heissen Gedeihen und Erblühen. Das Qi von Himmel und Erde vermischen sich. Die 10'000 Dinge erblühen und bringen Früchte hervor.“

(Neijing, Kapitel 2)

Der erste Teil der Sommerzeit beginnt Mitte Mai und endet Mitte August. Die Natur zeigt sich in ihrer ganzen Pracht. Sie befindet sich in der Phase des Blühens und Früchtetragens. Sommertage sind besonders lang, mit ihren späten Sonnenuntergänge und lauen, sternenklaren Sommernächten. Es ist eine Fülle an Licht und Wärme vorhanden, welche einlädt früh aufzustehen und spät ins Bett zu gehen. Die Morgenstunden sind noch kühl, perfekt für Aktivitäten, die Mittagssonne und Hitze zwingt uns zu mehr Gemütlichkeit.

 

Die Bewegung des Feuers lässt uns die Qualität des Sommers besser verstehen. Flammen bewegen sich in alle Richtungen, sind heiss, hell und aktiv. Feuer brennt langsam und gleichmässig wie glühende Kohle oder plötzlich und überwältigend wie loderne Waldbrände, die kaum zu löschen sind. Danach bleibt kalte, graue Asche übrig. Der Sommer kommt oft überraschend schnell. Viele Menschen haben Mühe mit der plötzlichen Hitze. Feuer ist ambivalent (lebensspendend – destruktiv) und ist schwer zu kontrollieren. Ist das Element Feuer in uns und unserem Körper in Balance, ist das wie ein Geschenk, welches uns ermöglicht, bestimmte Qualitäten zu leben:

 

KOMMUNIKATION – AUSDRUCK – KLARHEIT – INTELLIGENZ – AKTIVITÄT – SEELISCHE REIFUNG – INTIMITÄT – LEIDENSCHAFT – BEZIEHUNG – SINNLICHKEIT –  INUITION –  INSPIRATION – DEMUT – HINGABE – EKSTASE etc.  

Ist das FEUER in uns zu stark oder zu schwach, können wir es nicht kontrollieren oder seine Qualitäten sind uns nicht zugänglich. Symbolische steht FEUER für unsere Gefühle und Emotionen. Die menschliche Psyche ist in der Evolutionsgeschichte eine relativ neue und labile Dimension. Zwischen Genie und Wahnsinn liegt ein schmaler Grat. Die menschliche Psyche umfasst vier Dimensionen: Intellekt, Intuition, Instinkt und Emotion. Diese sind bei keinem Menschen gleich entwickelt (Fühlen wurde gegenüber Denken oft vernachlässigt). Um Ganzheit zu erfahren, braucht es auch die vernachlässigten Funktionen. Göttliches liegt inmitten des Schmutzes verborgen.

No mud – no lotus.

In der Geschichte der Menschheit versuchte man immer wieder bestimmte Aspekte des FEUERS zu unterdrücken. In der christlich-jüdischen Religion wurde Sinnesfreude aus dem Bereich der Göttlichkeit verbannt. In der chinesischen Medizinliteratur wurde im Kommunismus alles „Überirdische“ herausgestrichen und man orientierte sich an der Aussage von Konfuzius: „Ich achte die Geister, aber ich halte mich von ihnen fern.“

Doch es gibt keine Abkürzung und wenn wir eine Verbindung zum Göttlichen suchen, ist das nur möglich über unsere „minderwertigen“ Sinne. Gefühle und Leidenschaft sind das Brennmaterial für das Feuer, welches uns erleuchten kann. Das ist die eigentliche Bedeutung des Fegefeuers, welches nicht mit Sünde zu tun hat, sondern mit Integration und das findet nicht im Jenseits statt, sondern Mitten im Leben. Wie in einem Schmelztiegel vereinen wir alle Aspekte in uns - Männlich und Weiblich, Mehrdeutigkeit, Dunkelheit, Lust, Triebe und Instinkte werden vom Feuer beleuchtet, erhellt und integriert. Brennt das Feuer genügend lang, wandelt sich Hitze in Licht und unsere Impulsivität nimmt langsam ab. Wir lernen Begierden zu kontrollieren (Lust, Macht) und nützen die Energie, um unsere Persönlichkeit zu transformieren.

Zeitlich ist das Element FEUER gebunden an den Höhepunkt des Sommers (Juni-Juli), an die Mittagszeit 11-13 Uhr und die Lebensmitte. Viele Menschen erfahren diese Zeit als Krise der Lebensmitte (midlife crisis), wo sie beginnen, die bisherigen Lebensorientierung in Frage zu stellen. Aus Biologischer Sicht befindet sich Körper nicht mehr im Aufbau, sondern schon im Abbau. Sukie Colegraves:  „Wenn bisher der Körper das Bewusstsein bergauf getragen hat, so muss in der zweiten Lebenshälfte, nun das Bewusstsein den Körper bergab tragen“. Der Alterungsprozess und Schicksalsschläge von Aussen verlangen, uns wieder nach Innen zu wenden und eine „unerwartete Vertrautheit mit uns selber zu entdecken“ (C.G. Jung). Wir werden Herausgefordert wieder auf unser Herz als Repräsentant des Unbegrenzten zu hören und ungelebte Wesensanteile zu integrieren. Antoine de Saint-Exupéery: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“.

 Physischer Wirkungskreis des HERZENS: 

Das Herz reguliert die Blutzirkulation und der Puls belebt das Blut. Wenn das Blut kräftig fliesst, haben wir ein ruhiges Gemüt und einen tiefen Schlaf. Das HERZ verbindet sich mit der Zunge und kontrolliert die Qualität der Stimme. Während die LUNGE der Stimme Kraft gibt, verleiht das Herz Klarheit und Brillanz. Der Zustand des Herzens spiegelt sich in der Wahrheit unserer Worte wieder.

 

Feinstofflicher Wirkungskreis des HERZENS:

HERZ (XIN) – In der chinesischen Sprache gibt es mehr als 500 Ausdrücke die mit dem Wort HERZ gebildet werden. Das HERZ ist viel mehr als nur ein Organ. Es ist die Kaiserin, welche über unser Körper und Geist herrscht. Alle Organe sind so angelegt, dass sie der Kaiserin dienen. Das HERZ ist für psychische Integrität verantwortlich. Das Herz sorgt dafür, dass wir den Halt nicht verlieren und unsere Verbindung zur Mitte nicht abbricht. Mit Hilfe des HERZENS können wir wirkliche Lebenserfahrungen machen, in uns aufnehmen und an ihnen wachsen.

Es ist der Sitz des Bewusstseins und hier wir auch SHEN gespeichert. SHEN kann man mit „Geist“ oder „Gemüt“ übersetzten (engl. mind). Der „Geist“ des Menschen ist ein Resultat aus Intuition und Verstand. In der Chinesischen Medizin wird das linke Auge wird der Sonne (männlich) zugeordnet und das rechte dem Mond (weiblich). Diese Ansicht deckt sich mit der heutigen Theorie zur Funktionen der linken und rechten Gehirnhälften.

Es ist der Ort von dem wir aus „ich bin“ sagen. Unser Wesen strahlt vom Herzen her und zeigt sich im Glanz der Augen. Jemand der im Innersten pulsiert, strahlt diese Lebendigkeit auch nach Aussen wie ein loderndes Feuer. Der Zustand des Herzens beeinflusst die psychische und emotionale Aktivität des Menschen. Unser Bewusstsein ist abhängig von der Stärke des Körpers und des HERZEN, welche es erst möglich macht zu reflektieren und auf äussere Umstände zu reagieren. Schon Aristoteles hat im Herzen der Sitz der Seele angesiedelt. Das Herz gilt als Ursprung subjektiven Erlebens wo Empfindungen und Gefühle entstehen und wahrgenommen werden.

Das HERZ hat in der Chinesischen Medizin auch einen Bezug zum Göttlichen und wird auch als „Wurzel des Lebens“ bezeichnet. Andere Übersetzungen für SHEN sind auch Bewusstsein, Präsenz, Götterblitz, Inneres Licht. Der Geist (SEHN) ist keine gänzlich menschliche Kraft, sondern die gegebene Präsenz des Himmels im Menschen, die mit dem Geist korrespondiert. Er ist der Teil in uns, der weiss was richtig und was falsch ist und damit die Kraft, die den Weg kennt und die in Übereinstimmung mit dem Schicksal handeln kann. Der Geist (SHEN) kann den Menschen auch verlassen oder wir nehmen ihn nicht wahr, weil er überlagert ist, von den alltäglichen Impulsen. In China vergleicht man den Geist (SHEN) mit den Vögeln des Himmels, die sich nur auf dem Baum niederlassen, wenn die Umgebung die nötige Stille ausstrahlt.

 

Das chinesische Schriftzeichen für HERZ心田 symbolisiert ein Feld oder ein Gefäss. Das Gefäss soll leer und ungetrübt bleiben, wenn das Herz seine Klarheit und Brillanz bewahren soll. Offen und leer soll des sein, um die Botschaften des Himmels zu empfangen. Wird es mit zu viel Weltlichem belagert, verlieren wir die Orientierung, weshalb wir eigentlich auf dieser Erde sind. In der Lebensmitte werden wir spätestens dazu herausgefordert, uns wieder nach unserem Herzen auszurichten.

 

Die Geburt ist der Eintritt in die polare Welt. Namensgebung und Erziehung  fördern einen Prozess, der zur Trennung von Yin und Yang führt und zu einer Unterscheidung in Ich und Nicht-Ich, gut und schlecht usw. Durch Vorlieben und Abneigung werden die Fünf Wandlungsphasen in ihrem natürlichen Verlauf gestört und das freie Fliessen ist nicht mehr möglich. Der leere Raum des Herzens und die ganze Lebenskraft wird in die Aufrechterhaltung, der Persönlichkeitsstruktur und des Selbstbildes, investiert. So wir man zum lebendigen Leichnam und ist nicht mehr durch das Licht des SHEN inspiriert. Jetzt ist radikale Wandlung verlangt. Die Lebenskrise ist sogleich Chance, auf seinen Lebensweg zurück zu finden. Die psychischen und physischen Gebrechen, die in der Lebensmitte beginnen aufzutreten, sollen an den Himmlischen Auftrag (天命 Tian Ming) erinnern, den man in der ersten Lebenshälfte zurückstellen musste, um einen Platz auf dieser Erde zu finden. Mit einer neuen Ausrichtung werden wir durch die Krise getragen. „Die grossen Probleme des Lebens lassen sich nicht wirklich lösen, sondern man überwächst

sie“ (C.G. Jung)

  

Kultivierung des HERZENS 修心养性 : 

Im Taomismus, Buddhidmus und in der Chinisischen Medizin spielt die Kultivierung des HERZENS eine wichtige Rolle. Es ist der Schlüssel zu „Langlebigkeit“. Langlebigkeit im Sinn, dass man so lange gesund ist und Energie hat, bis man seine Bestimmung erfüllt hat. Geht es dem HERZEN gut, ist auch der Körper und Geist gesund. Im Buddhismus ist das Herz bei Geburt ein leerer Raum, der rein gehalten werden soll. 明心 (purify the heart to see one’s nature). Die wahre Natur des Menschens ist wie der blaue Himmel und Gedanken sind wie Wolken, die vorbei ziehen und den Himmel verdunkeln können. Wenn wir uns nicht mehr mit unseren Gedanken identifizieren und das Geschwätz des Verstandes verstummen lassen, strahlt der blaue Himmel wieder hervor. Durch Meditation und Achtsamkeit übt man das Feld des HERZENS frei zu halten.

Das wohlgenährte HERZ:

Eine starke Herzenergie manifestiert sich durch ein klares Strahlen. Es ist möglich Emotionen zu empfinden und ein herzliches Verhältnis zu anderen aufzubauen. Ein Mensch mit schwacher Herzenergie ist unter umständen schnell gekränkt und verliert schnell den Halt und ist sich im Unklaren darüber, was er mit seinem Leben anfangen soll. Er hat womöglich Kontaktschwierigkeiten, Brustschmerzen, Schlaflosigkeit und innere Unruhe.

 

„Alle Empfindungen des Sehens, Hörens, Schmeckens und Tastens sind auf den SHEN (Geist) angewiesen. Wenn das HERZ und der Geist gesund sind, kann der Mensch klar denken, hat ein gutes Gedächtnis, Erkenntnis und Bewusstsein sind geschärft und die Ideen fliessen leicht. Ist das HERZ schwach, kann der Mensch nicht klar denken, hat ein schlechtes Gedächtnis, sein Schlaf ist unruhig und seine Handlungen unklug und seine Ideen verworren“ (vgl. Maciocia). 

Stärkung des HERZENS:

 Durch Beziehungen mit unseren Mitmenschen stärken wir unsere Anteilnahme. Die Beziehungspflege zu uns selber und anderen, tut dem Herzen gut. Idee ist, im Spiel des Lebens von Freuden und Leiden, die Offenheit des Herzens zu bewahren und uns nicht zu verschliessen und isolieren. Das Herz braucht Schutz und Ruhe. Besinnung (durch unsere Sinne) und persönliche Rituale helfen, uns für die Mysterien des Lebens zu öffnen. Freude kultivieren wir über unsere Stimme durch Singen.

Ernährung im Sommer:

Es ist sinnvoll die Ernährung den klimatischen Bedingungen anzupassen. Im Sommer meidet man ein Übermass an heissen und warmen Nahrungsmitteln und konzentriert sich auf leicht verdauliche, kühlende Speisen. Nicht zu verwechseln mit gekühlten Speisen und Getränken. Eisgekühlte Getränke gelten in der Chinesischen Medizin als gesundheitsschädigen. Tee und warmes Wasser ist vielleicht im Moment nicht so befriedigend wie kalte Getränke, doch der Körper kann die Flüssigkeit sofort aufnehmen und muss sie nicht noch aufwärmen (Der Magen besitzt eine Temperatur von 40°C).

 

Nahrungsmittel mit der Eigenschaft kalt, kühl oder erfrischend bauen übermässige Hitze ab, unterstützen die Bildung von Körpersäften und Blut und befeuchten Schleimhäute und Gewebe. Wegen seines Eiweissreichtums und der leichten Verdaulichkeit werden Tofu und Fisch empfohlen. Die Speisen nur mild würzen und wenig Öl oder Fett verwenden.

 

Kühle Nahrungsmittel:

Kühl sind die meisten Gemüsesorten und Salate, einheimischen Früchte sowie Kräutertees (Pfefferminze), Sojasprossen, Tofu und Weizen, Gerste, Buchweizen, Hirse, Amarant  Algen und Fisch.

 

Kalte Nahrungsmittel:

Zu den kalten Nahrungsmitteln zählen Bananen, Orangen, Zitronen, Melonen, Kiwis, Papaya, Mango, Avocado, Aubergine, Rettich, Spargel, Tomaten, Salatgurken, Joghurt.

Ferien- und Reisezeit

Reisebeschwerden: 水土不服 „nicht angepasst an Wasser und Erde“.

Bei Ortsveränderungen, kann es zu Irritationen kommen, ausgelöst durch mangelnde Hygiene, ungewohnte oder unverträgliche Speisen, Überhitzung, Übermüdung und oder mangelnde Körperabwehr.

 

Wichtigste Begleiter auf Reisen:

Neben den üblichen Medikamenten aus der Schulmedizin empfehle ich folgendes aus der Naturheilkunde:

 

Lavendelöl:

bei Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit, wirkt antientzündlich, keimtötend und anti-bakeriell, kann auch auf offene Wunden und die Schleimhaut aufgetragen werden, lindert Sonnenbrand und Insektenstiche.

Ingwerknolle:

bei Übelkeit kleine Menge roh essen oder mit heissem Wasser übergiessen und zu Tee zubereiten

Taschenapotheke Homöopathie (Alpmed):

Die kleinste Homöopathische Reiseapotheke mit 12 Heilmitteln. Dazu gibt es ein kleines Buch "Ratgeber homöopathische Taschenapotheke".

Leinsamen: 

Reguliert die Verdauung bei Tendenz zu Verstopfung. Über Nacht in aufgekochtem Wasser einweichen lassen und am Morgen vor dem Frühstück essen.

Salzaprikosen (Umeboshi Lutschperlen von naturkraftwerke.ch):

Harmonisiert die Verdauung, wirkt basisch und entsäuert (Anti-Kater), Muntermacher bei Schwindel und Müdigkeit, lindert Halsschmerzen.

Schüsslersalz Nr. 3:

Erste-Hilfe-Mittel bei Erkältung, Entzündung, leichtem Fieber, Verstauchungen, Quetschungen, Prellungen

  

Weitere Beschwerden:

Durchfall:

Durchfall soll man nicht sofort stoppen, da es eine natürliche Reaktion ist, um Giftstoffe auszuscheiden, einfach genügend Trinken (Abgekochtes Wasser mit wenig Salz und Zucker mischen) und entspannen. Oft fühlt man sich nach 1-2 Tagen schon wieder besser, wenn nicht, kann man auch mit Kohletabletten nachhelfen. Leichte gekochte Speisen (Reis, Hafer) essen. 

Sonnenbrand:

Aloe Vera

Mückenstiche:

Aloe Vera, Lavendelöl, Essig